Interviewer: Bonnie Horrigan Aus: Alternative Therapien, Januar 1997, Ausgabe 3, Nr. 1
Deutsche Übersetzung Tom Esser M.Sc. D.O.M.R.O.
Es gibt einen Grund, weshalb Leute von weit her anfahren, um Jim Jealous, D.O. in seiner Klinik in Vermont zu besuchen. Das hat denselben Grund, weshalb Studenten Schlange stehen, um seine Kurse
besuchen zu können und weshalb das Osteopathie-College der Universität von Neuengland ein Stipendium mit seinem Namen geschaffen hat – das James Jealous Stipendium für Exzellenz in
Osteopathischer Medizin. Dr. Jealous hat sein Leben der Erforschung der Welt der Natur in ihrer essentiellsten und grundlegendsten Form gewidmet und sein Wissen und seine daraus folgenden
Fähigkeiten machen ihn heute zu einem der angesehendsten osteopathischen Ärzte in Amerika.
Dr. Jealous machte 1970 seinen Abschluss am College für Osteopathie und Chirurgie in Kirksville und bekam vom amerikanischen Osteopathieverband das Diplom für besonderes Können in osteopathischer
und manueller Medizin verliehen. Seine private Praxis hat er seit 1971, er führt eine Klinik in Milton, Vermont und ist klinischer Lehrer an der Universität von Neuengland im College für
osteopathische Medizin. Dr. Jealous ist Mitglied der amerikanischen Osteopathie-Akademie, dem amerikanischen Osteopathie-Verband und der kranialen Akademie, er war Präsident des osteopathischen
Zentrums für Kinder in London und Mitglied der Sutherland Cranial Teaching Foundation.
„Alternative Therapien“ interviewte Dr. Jealous in seiner Klinik in Milton, Vermont im Herbst 1996.
Alternative Therapien: Wir vertreten die Philosophie, dass die konventionelle Medizin zwar in vielen Situationen sehr effektiv ist, aber trotzdem nicht alle Antworten bietet. Darüber würden
wir gerne mit Ihnen reden – über die Antworten, die die konventionelle Medizin nicht bietet.
James Jealous: Lassen Sie uns die Verhältnisse in der medizinischen Ausbildung betrachten. Der ganze Prozess, ein Arzt zu werden, widerspricht in großen Teilen den Prinzipien der Heilung.
Die Studenten werden nicht genährt und sie werden nicht ermutigt, Forschungen anzustellen. Sie werden nicht als Gleichberechtigte auf einer bemerkenswert schönen Reise zu den Gipfeln des Lebens
behandelt. Die Heilkunst wurde sehr steril und die biomolekulare Sicht der Heilung hat klare Grenzen – Grenzen, welche das „Individuelle“ abschneiden. Das ist natürlich eine Reflektion des
Ökosystems der Bildung. Das Wachstum und die Entwicklung eines Arztes sollte genährt werden von der liebevollsten und achtsamsten Umgebung, die menschenmöglich ist. Das ist von höchster
Bedeutung, wenn man ein ganzheitliches Bild von Krankheit in den Fokus rücken möchte.
Die Osteopathie hat ursprünglich sowohl eine Philosophie als auch eine Wissenschaft beinhaltet. Osteopathen wurden angehalten, sich über die Seele, den Tod und die Transzendenz Gedanken zu machen
und nur ihre Hände zur Heilung zu benutzen. Der Hintergrund, vor dem das Leben auftritt, hat eine Bedeutung. Ich glaube, dass jede Heilkunst dem Individuum helfen sollte, den Weg zu einer
umfassenderen Realität zu finden, als es das biomolekulare Modell der Gesundheit darstellt. Ich finde es interessant zu sehen, wie viele alternative Modelle langsam biomolekular werden. Viele
„natürlichen“ Heilmittel sind tatsächlich biomolekulare Heilmittel und werden auch verwendet wie Medikamente in der traditionellen Medizin. Aus meiner Sicht ist das nicht unbedingt alternativ,
denn eine alternative medizinische Praxis hätte eine breitere Sichtweise und wäre in ihrer Anwendung sehr individuell zugeschnitten. Sie hätte kein Mittel für jedes Symptom oder jede Krankheit,
sondern eine individuelle Option für jeden Patienten. Die tieferen Fragen des Lebens müssen mit ins Bild einfließen. Sie müssen Teil der Fragen zur Heilung werden. Wir vereinfachen die Kunst zu
sehr und verlieren darüber die Essenz, was die Heilung ausmacht. Ganzheitlichkeit verwendet nicht eine Reihe von „Mitteln“, sondern sieht Körper, Geist und Seele als ein Ganzes. Die Behandlung
wird nicht unterteilt – wenn wir es dennoch tun, dann müssen wir unsere Position in Relation zum Ganzen sehen, statt zu versuchen, „die Krankheit zu beseitigen“ (allopathischer Ansatz). Wir
müssen die Gesundheit des Ganzen unterstützen. Das war der Anfang der Osteopathie. Leider ist dieser kaum noch lebendig – er wird nur noch von ein paar Hundert Osteopathen praktiziert.
Die Idee des Ganzen als eine Einheit, des Ungeteilten ist unserer Kultur fremd. Sie verschwindet langsam wie eine ursprüngliche Form, die vom Intellekt als „primitiv“ angesehen wird. Jeder von
uns begegnet der Realität in sich selbst und muss sich zuerst dieser Verantwortung stellen. Die Wahrnehmung wird dann folgen. Für unsere Kultur ist dies eine „tiefschürfende“ Frage – für die
ursprüngliche Seele ist dies ein natürlicher Zustand. Es ist wichtig, dass wir uns nicht so sehr auf den Grund und seine Auswirkungen konzentrieren, sondern auf das Ganze und wie es sich in Bezug
auf ein großes Mysterium bewegt.
Auch das Lehren erfordert Bemühungen in diese Richtung: Eine Sicht des ganzen Individuums, wie es sich in neue Dimensionen des Lebens hineinbegibt. Wir müssen unsere öko-rezeptive
Wahrnehmungsweise schützen, denn sie ist unser natürlicher Seinszustand. Leider wird dies mehr und mehr abgeschnitten und das Ergebnis davon ist, dass die Menschen mehr krank sind als nötig. Wenn
sie krank werden, dann sind ihr inneres Gleichgewicht und der „Friede im Geist“ nicht beim verursachenden Ereignis gleichzeitig anwesend, und deshalb wird das Leiden verstärkt. Dasselbe geschieht
bei der Bildung. Wenn wir eine alternative Heilweise suchen, dann muss das Training auch dem entsprechend sein. Die Philosophie reicht dabei nicht aus. Wir müssen versuchen, diese Prinzipien auch
zu leben. Die Ärzte dürfen ihre Patientenbeziehung nicht rein zeitlich ausrichten. Das ist ein ernstes Problem. Wenn jemand mit einer ernsten Krankheit in unsere Praxis kommt, dann benötigen wir
dafür mindestens eine halbe Stunde.
AT: Keine sieben Minuten?
Jealous: Ich bin nicht in der Lage, Medizin in sieben Minuten zu praktizieren. Sich länger Zeit zu nehmen, ist nötig und klug, aber es ist auch ökonomisch. Ich erwähne dies, weil ich der
Ansicht bin, dass alternative Medizin nicht teurer sein sollte. Eine osteopathische Behandlung wird normalerweise einmal gegeben (bei einer akuten Krankheit). Der Patient hat danach eine
Wahrnehmung davon, weshalb er krank geworden ist und wie das seine wichtigsten Lebensziele beeinflusst. Dadurch erholt er sich schneller und das auch noch ohne Medikamente. Langzeitpatienten
fangen an, ihr inneres Gleichgewicht zu „steuern“, und sie lernen, wie sie gesund bleiben können. All das benötigt bemerkenswert weniger Gesundheitspflege. Heiler sind Lehrer, Reisegefährten und
Erforscher. Patienten sind in ihrem Lebensbereich in einer ähnlichen Rolle. Wir sind dafür da, die Leute von Routine-Gesundheitspflege zu befreien und nicht, um sie davon abhängig zu machen.
Kurze, schnelle Besuche hinterlassen frustrierte und abhängige Patienten – entweder kommen sie immer wieder oder sie wenden sich ab und finden ihren eigenen Weg. Das medizinische System in den
USA versucht, die Leute wie eine Herde Kühe zusammenzutreiben. Die Leute haben genügend Geist und werden auf ihrem eigenen Weg vorankommen. Routine-Gesundheitspflege wird immer weniger sinnvoll.
Interessant.
AT: Ist diese Denkweise die Grundlage der osteopathischen Medizin?
Jealous: Zu Beginn ja, aber ist das der Status Quo? Nein. Wie bei allen Heilrichtungen ist der tiefste Kern das, was am wenigsten offensichtlich ist. Der Schlüssel ist immer noch das
Individuum; wir können niemand anderem die Schuld geben für das, was wir sind. Es gibt Leute, die den Wunsch haben, der Gesundheit in uns den größtmöglichen Dienst zu erweisen, und keine
Krankheiten zu bekämpfen. Die meisten D.O.s jedoch haben sich vom Status, dem Materialismus und der Angst vor dem Mainstream-Modell der Medizin verleiten lassen. Es gibt Ausnahmen und die
erweisen sich als Potential für unsere Philosophie. Nur eine Handvoll D.O.s erforscht weiterhin unsere Grundlagen.
AT: Was sind diese Grundlagen?
Jealous: Unser Ziel ist es, die Gesetze der Natur zu erlernen, indem wir unsere Wahrnehmungsfähigkeiten benutzen, die wir in unserer Ausbildung und Praxis entwickelt haben. Der Kern dieser
Arbeit ist die Wahrnehmung. Das Konzept erwuchs aus wiederholter Beobachtung, bis die Gesetze der Natur klarer wurden. Wir lernen, das Ganze zu spüren – etwas ganz Einzigartiges in unserer
modernen Welt. Wir teilen das Leben nicht auf in Soma, Psyche, viszeral usw. Das ist ein Ereignis, welches nur im Hier und Jetzt stattfindet. Es ist außergewöhnlich. Den Patienten ist sehr
bewusst, dass eine andere Aufmerksamkeit anwesend ist. Sie sprechen darüber. Es ist nicht intellektuell oder intuitiv. Es ist ursprünglich, instinktiv. Es gibt keine unmittelbare Erklärung oder
Diagnose – das folgt viel später. Der Moment ist gefüllt mit der Absicht, präsent mit der Gesundheit im Patienten und seiner Geschichte zu sein und damit, wie diese Absicht ihre eigene Antwort
entwickelt. Manchmal benötigt dies eine besondere Form von geduldiger, langsamer Beobachtung – ohne das Bedürfnis, zum Abschluss zu kommen. Dieser Prozess ist anfänglich fremd, aber nach einer
gewissen Zeit findet man das ziemlich natürlich – was es auch tatsächlich ist. Wir erlernen unsere Fähigkeiten, indem wir bei Etwas in die Lehre gehen, was keinen Namen hat, uns aber sehr viel
lehrt. Wir lernen die sinnliche Wahrnehmung ohne konzeptionelle Überlagerung, und das geht tiefer als wir uns vorstellen können. Dies zu lernen ist anders und verlangt viel von einem. Sehr wenige
Leute haben sich dieser Lebensform gewidmet; ihre Interessen sind anderweitig. Und so kommt es, dass unser Beruf hauptsächlich allopathisch ist, was ein Verlust für Alle ist.
Wir benutzen unsere Hände für die Diagnose, die Wahrnehmung und die Therapie. Das ist so einfach wie tiefgreifend. Wir suchen nicht nach Symptomen, sondern nach einer voreingestellten Priorität,
die von der Gesundheit des Patienten in Gang gesetzt wurde. Der Begründer der Osteopathie, ein Chirurg, hatte eine Vision und folgte seinen Einsichten. Er lehrte Ärzte, ihre Hände für die Heilung
zu benutzen, zusammen mit sehr einfachen und natürlichen Heilmitteln: Ernährung, Ruhe, Meditation und Gebet. Nichts wurde hinzugefügt, außer der Heilung mit den Händen. Und das
funktioniert!
AT: Sprechen Sie bitte mehr über die Gesetze der Natur.
Jealous: Nun, erstens: Sie wurden nicht vom Menschen geschaffen. Und sie wurden nur durch reine Beobachtung begriffen. Zweitens: Es ist uns bewusst, dass bei der Heilung viele Gesetze
existieren und arbeiten, von denen wir keine Ahnung haben. Und doch treten sie sehr tief in den ganzen Prozess ein. Interessant ist, dass unsere Wahrnehmung sowohl die Absicht der natürlichen
Gesetze, als auch die Absicht der Gesundheit und wie sie ihre Prioritäten erstellt, spüren kann. Normalerweise, wenn dies kommuniziert wird, ist sich der Patient dessen bereits bewusst, hat die
Information aber vielleicht verworfen. Unser Motiv und unser Können zielen darauf ab, die Absicht der Gesundheit im Patienten zu verstehen, wie sie unbeirrt daran arbeitet, Gleichgewicht und
Harmonie herzustellen. Wie ich schon früher gesagt habe, wird dies auch durch tödliche Krankheiten nicht eingeschränkt.
Wenn man in einer manuellen Praxis geübt hat, diese Realität wahrzunehmen, fühlt man sich sehr gesegnet, ein Osteopath zu sein. Viele Leute spüren diese Schönheit nicht und verwenden ein mehr
mechanisches Modell, indem sie Strukturen wieder ausrichten, um die Gesundheit durch die Entfernung von neuro-muskulären Barrieren zu verbessern. Das ist gute Arbeit, aber kein fortwährendes
Interesse für viele D.O.s.
Die Welt der Natur ist mit einem Bewusstsein ausgestattet, das sich in alle Richtungen erstreckt. Unser Verstand wird begrenzt von Zeit, Interessen und Lehrern. Es braucht Jahre und dann wird es
für Manche wirklich zu einem Lebensstil. Meine Vorstellung von alternativer Medizin ist eine alternative Wahrnehmung der Welt – nicht nur der Krankheit. Die Osteopathie ist bereits seit 1874
alternativ. Und wir sind immer noch hier. Für mich ist die alternative Medizin eine andere Sichtweise auf das Leben – eine ehrfürchtige und tief informative Schönheit. Wenn wir für einen
Nagelpilz Teebaumöl geben, statt einer potentiell giftigen Chemikalie, so ist das zwar ein viel natürlicheres Heilmittel, aber es ist jedoch immer noch keine alternative Sichtweise von Heilung.
Jede Form oder Denkweise, die die Krankheit ausschalten will, ist nur teilweise alternativ. Was das Ganze in seiner Verbindung mit der Weisheit der natürlichen Welt unterstützt, ist alternativ.
Das unterstützt in erster Linie die Gesundheit, das Untrennbare, die transzendente Weisheit des Lebens.
Gewöhnlich ist bei Krankheiten selten mehr als das nötig. Etwa 80% aller üblichen Krankheiten werden wir mit diesem Ansatz heilen, wenn der Patient in der Lage ist, es arbeiten zu lassen (z.B.
mit Zeit und Wahrnehmung). Sonst ist ein mehr allopathischer Ansatz nötig. Die meisten alternativen Heilweisen konzentrieren sich immer noch auf ein allopathisches Modell. Die Unverfälschtheit
der Tradition stirbt langsam weg, weil der tieferen Beziehung mit den natürlichen Gesetzen sehr wenig Zeit eingeräumt wird. Wir machen uns etwas vor und in manchen Fällen wird uns etwas
vorgemacht von Leuten, die im Namen des Alternativen am finanziellen Nutzen interessiert sind, aber eigentlich keine Tiefe und Hingabe haben. Das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Lassen Sie mich eine Geschichte von einem verstorbenen Patienten erzählen, der geheilt wurde und in Frieden war – gesund.
Ich kannte John schon seit 15 Jahren. Ich war der Hausarzt seiner Familie in einer kleinen ländlichen Stadt. Mittlerweile war er 52 Jahre alt und von seiner Arbeit besessen. Seine Frau und sein
Sohn waren sehr ängstlich und chemisch gesehen krank. John war ein Getriebener. Ich sah ihn über die Jahre immer wieder. Als er 52 wurde, entwickelte er einen Lungenkrebs, weil er bei seiner
Arbeit ständig Chemikalien ausgesetzt war. Wir haben ihn seinem Wunsch entsprechend an einen Onkologen überwiesen. Er bekam eine Chemotherapie und Schmerzmittel (Betäubungsmittel). Er rief in
meiner Praxis an und fragte nach einer Behandlung. Ich stimmte zu und er kam einmal wöchentlich vorbei. Ich habe nichts forciert und auch nicht hinterfragt, sondern ihn einfach behandelt, indem
ich der Reinheit der Gesundheit gefolgt bin. Ich habe nicht versucht, die Krankheit mit einzubinden, von der ich das Gefühl hatte, dass sie bereits weit jenseits von Heilung war. In den folgenden
Monaten veränderte sich wirklich etwas. Davor war er „unerreichbar“ gewesen.
Irgendwann fragte ich ihn, weshalb er diese Behandlungen wolle. Ich konnte eine tiefe Veränderung unter meinen Händen spüren, etwas stieg aus dem Leiden empor. Er sagte mir, dass er ohne
Behandlungen viele Schmerzmittel benötige und mit den Behandlungen keine! Ich war schockiert, aber nicht überrascht davon. Er fuhr fort: „Ich bin nach den Behandlungen friedlicher.“ Woher kam
diese Veränderung in ihm? Wir hatten ihn nicht zu einem Psychiater oder in ein Zen-Kloster geschickt. Wie erblühte diese Blume? Er starb einfach und in Frieden, voller Liebe und im Gleichgewicht
mit seinen Beziehungen.
Er half mir zu verstehen, was ich schon früher „gespürt“ hatte: Die Gesundheit im Patienten kann nicht krank werden oder sterben. Du kannst sie nicht umbringen. Sie ist transzendent. Wir müssen
nur zuhören, unsere Hände geschickt einsetzen, geduldig sein, uns Zeit nehmen und der Gesundheit folgen. Dann werden die Gesetze der Natur, „die nicht von Menschenhand gemacht wurden“, uns
enthüllen, was unsere Rolle im Moment ist. Der Intellekt muss zurückstehen, denn es ist wirklich nicht meine Sache, wie der Prozess der Heilung auftritt.
AT: Nicht Ihre Sache?
Jealous: Alles, was ich tun kann ist, dem Leben zu helfen, ins Gleichgewicht zu kommen, wie es seine Absicht ist. Das ist der Schlüsselsatz: Wie es seine Absicht ist. Ich hatte John ein paar
Tage vor seinem Tod gesehen und es war, als ob ich meine Hände auf den gesündesten Menschen gelegt hätte! Ich weiß, dass das seltsam klingt, aber in ihm war ein wunderschönes Gleichgewicht. Er
war glücklich.
Bei der Heilung geht es nicht darum, Symptome los zu werden. Es geht um eine individuelle Ganzheit, an die wir uns instinktiv erinnern, im Moment, in dem wir sie berühren. Die Behandlungen helfen
uns beim Erinnern und Integrieren dessen, was wir nicht lernen müssen. Für manche Menschen ist der Tod eine Tür zu einer Wahrnehmung, die unsere Kultur beschnitten hat.
Wenn ein Patient in unsere Praxis kommt, dann fangen wir immer neu an, jeden Moment. Wir warten und nehmen die Reinheit der Gesundheit wahr und spüren, wie sie arbeitet. Das erfordert jahrelanges
Training und die Liebe für das Geschenk unserer natürlichen Essenz. Mit unseren Händen hören wir einer Geschichte zu, wie sie sich in unser Bewusstsein entfaltet. Wie vielen Ärzten wird schon die
ganze Geschichte erzählt?
AT: Was erfahren Sie, wenn Sie mir Ihren Händen heilen? Können Sie darüber sprechen, wie sich das für Sie anfühlt?
Jealous: Das ist nicht einfach zu erklären und ich hoffe, das ist nicht verwirrend für Leute, die nicht mit den Wahrnehmungsfähigkeiten vertraut sind. Ich habe 20 Jahre gebraucht, bis ich
anfing zu verstehen und ich fühle mich immer noch wie ein Anfänger. Es ist eine lebenslange Reise in jede mögliche Ecke des Lebens in Beziehung zu den Gesetzen der Natur. Ich lerne ständig dazu.
Das Leben, das uns gegeben wurde, ist wirklich sehr tiefgehend. Ständig drücken sich während der Behandlungen neue Beziehungen aus. Die Patienten bringen die Lehren mit sich. Sie werden nicht
ausgesprochen, aber unsere Sinne wissen das sehr genau. Wie sich die eigenen Fähigkeiten entwickeln, lässt sich nicht voraussagen. Neue Fähigkeiten erwachsen aus der direkten Verbindung mit den
natürlichen Gesetzen der Heilung. Man lernt gänzlich unerwartete Dinge, die nirgends in Büchern zu finden sind und keine Erweiterungen von bekannten Fähigkeiten, sondern ganz frisch sind. Ich
weiß nie, was das Nächste sein wird. Ich vertraue vollkommen darauf, dass das Verständnis immer weiter wächst, wenn ich die Prinzipien meines Trainings befolge.
Was geschieht, wenn ich meine Hände auf einen Patienten lege? Diese Frage geht in die Tiefe. Meine Antwort kann nur persönlicher Natur sein. Ich kann nicht für meine Osteopathie-Kollegen oder
meine Studenten sprechen. Es ist eine Frage der Integrität mit der eigenen Gesundheit und einer tiefen Beziehung mit dem Geschenk des Lebens.
AT: Lehren Sie das, worüber Sie sprechen? Sie lehren doch nicht, wie man Knochen bewegt, oder?
Jealous: Nun ja, ich unterrichte auch das mit den Knochen, aber als Teil eines Kontinuums. Man muss auch das verstehen und für lange Zeit mit den Knochen arbeiten, denn es gibt den Sinnen
Boden und hilft einem, zu verstehen, wo Ungleichgewichte und Gleichgewicht im Ganzen bestehen. Das ist das frühe Sinnesmodell. Normalerweise lernt man alle Techniken: Manipulation, Gegenspannung,
myofasziale Entspannung, kraniale Techniken etc. und Jahre an Anatomie. Das sind Jahre, um die Bewegung zu verstehen, bis Du die Normalität im Leben spüren kannst. Man beginnt, die Heilungskräfte
zu spüren. Zuerst ist unser Verstand verwirrt, denn das ist kein mechanisches oder hydraulisches Modell. Viele Menschen hören dort auf. Es ist wahrscheinlich zu schwer, zu glauben, was man spürt.
Wir studieren Embryologie, die Gesetze unserer Entstehung, „die nie die perfekten Proportionen verpassen“, wie es ein Embryologe ausdrückte. Wir nehmen diese Weisheit wahr und die Präzision, die
sie von uns verlangt. Wir brauchen lange Jahre an Training. Manche Leute glauben fest an Abkürzungen, aber das Leben will uns als Ganzes – nicht bloß einen Teil von uns – uns als Ganzes. Wir
müssen die Geduld haben, unsere Ignoranz auszuhalten und sie nicht zu verstecken. Wir müssen daran glauben, dass wir „besonders“ sind. Damit meine ich nicht besser, sondern eine bewusste
Schöpfung einer höheren Intelligenz, wie etwas Schönes. Wir sind Teil der Kunst der Natur.
Unterrichten erfordert Eins-zu-eins-Training und wirklichen Respekt für die Gesundheit im Studenten. Wir sind keine Lehrer, sondern Weggefährten auf einem Weg der Wahl, nicht der Sklaverei. Ich
unterrichte im Tempo, welches der Student vorgibt. Und das gilt für alle Stufen: Vor dem Diplom und viele Jahre nach dem Diplom. Es geht vom Herzen zu den Händen. Die schwierigste Lektion ist, in
der Geschwindigkeit der Gesundheit zu arbeiten. Wir schrecken nicht vor Krankheit zurück. Weißt Du, für manche Leute ist es schon eine Qual, drei Minuten zu warten. Wir brauchen Zeit, „freie“
Zeit. Studenten lernen, dass sie bereits viel können und viel wahrnehmen. Wir erlauben dem Natürlichen, an die Oberfläche zu steigen. Sehr wenige Lehrer versuchen, uns dabei zu helfen, das
dynamische Leben zu sehen, welches wir sind. Wir müssen nicht erleuchtet werden – wir sind es bereits. Wir sollten unsere Ganzheit spüren, in diese Schönheit hinein entspannen und dann beginnen.
Das Leben an sich ist schön. Ich bin nicht geblendet von der Grausamkeit und dem Leiden. Ich sehe das und ich sehe auch etwas „anderes“, was uns trägt. In der Medizin fehlt dieser Fokus leider.
Meine Erfahrung mit der Durchschnittsmedizin ist keine angenehme und zwar aufgrund ihres Fokuses. Vor etwa 15 Jahren hatte ich eine Schwellung in meiner Schilddrüse. Ich konsultierte mehrere
Spezialisten und hörte, dass ich Krebs habe. Sie waren alle sehr nervös, aufgeregt und beunruhigt. Ihnen fehlte die Einsicht und sie hatten Angst vor meinem Krebs. Sie malten ein morbides Bild
und ich war sehr verängstigt. Ich sagte ihnen, dass ich nicht wiederkomme, weil ich durch ihre Ängste merkte, dass ich Angst vor dem Sterben hatte. Das erstaunte mich, denn ich glaubte, dass ich
das Leben genug liebte, um ohne Angst sterben zu können. Ich beschloss, dass ich mit dem Tod Frieden schließen musste, und nicht aus der Angst heraus arbeiten sollte. Die Ärzte waren wütend. Das
habe ich niemandem erzählt. Ich hatte einfach beschlossen, dass ich frei von dieser Angst sein wollte. Es war eine Frage der Integrität mit dem Geschenk des Lebens.
Ich habe das Gewächs für anderthalb Jahre nicht berührt. Das habe ich getan, weil es sehr beängstigend war, es zu spüren und an Tod, Krebs und eine „Leere“ zu denken. Ich habe daran gearbeitet,
dass ich nicht vergesse, wie groß meine Angst vor dem Tod war. Ansonsten habe ich einfach meine Arbeit getan, nichts anderes. Ich habe wirklich versucht, meine Ängste zu sehen und ihnen durch
dieses Missverständnis hindurch zu helfen. Und sie verschwanden. Das Gewächs verschwand und es kam auch nie wieder. Ich sage nicht, dass ich mich selbst geheilt hätte. Ich habe keine Ahnung, was
geschehen war, und weshalb. Aber ich hatte die Wahl zwischen meinem Geist und der Angst. Ich bin stolz, ein Teil der Natur zu sein – ich liebe die Natur. Ich bin stolz darauf, inmitten der Bäume,
der Sonne und allem anderen zu sein. Dieses Gefühl von Ganzheit wurde von der Angst verletzt. Ich konnte nicht aufhören, das zu lieben, was mir meine Form und mein Bewusstsein gegeben hatte. Ich
habe meine Angst zu mir genommen und machte weiter. Wir sind erleuchtet, wir wissen, wir gehören ganz nah zum Leben. Es ist kostbar und es gibt jedem von uns immer wieder 100%, ohne jede
Einschränkung. Das ist ganz einfach die Wahrheit.
AT: Hat die Osteopathie eine Definition für den Tod?
Jealous: Der Begründer, Dr. A.T. Still sagte: „Der Körper ist eine zweite Plazenta.“ Ich glaube, die Frage lässt sich am besten beantworten, wenn wir sagen, der Tod existiert nicht. Ich
stülpe dem Patienten nicht mein Verständnis über. Ich unterstütze alle seine Entscheidungen, wenn er über seine Gesundheitspflege im Klaren ist. Meine Patienten kommen aus allen Richtungen. Meine
Aufgabe ist es, bewusst den Teil des Patienten wahrzunehmen, der nicht krank werden kann und diesen zu unterstützen. Patienten haben Fähigkeiten und es braucht Demut, zur Hilfe zu gehen.
Wenn ich meine Hände auf einen Patienten lege, dann beginne ich damit, die Ganzheit zu spüren, das Transzendente; und zwar nicht als eine Idee oder als eine unsterbliche Wahrheit, sondern indem
ich warte, bis sie offensichtlich wird. Ich sehe die Angst, ich spüre sie mit meinen Händen, ich spüre die Krankheit, die Dysfunktion, die Geschichte – und ich warte. Ich halte Ausschau nach dem,
was ich nicht kenne und stelle keine Diagnose – das kommt später. Genau in diesem Moment verbindet sich die Gesundheit mit der Krankheit. Diese Priorität muss man direkt sehen und nicht durch
Ausschluss.
AT: Wie würden Sie unser Gesundheitssystem verändern, um dem gerecht zu werden?
Jealous: Wenn wir uns anschauen, ob wir das Gesundheitssystem in diesem Land verändern können oder nicht, dann müssen wir feststellen, dass wir es nicht können. Wir möchten zwar, dass sich
Dinge ändern, weil unsere Überzeugungen anders sind, aber es ist nun mal so, dass die Leute, die Medizin praktizieren, das Recht haben, die Medizin auf ihre Weise zu praktizieren. Außerdem gibt
es Patienten, die andere Formate vorziehen. Ich glaube nicht, dass es an uns ist, vorzuschreiben, was gemacht werden sollte.
Wir hatten noch nie einen sicheren, intelligenten und effektiven Zufluchtsort für Leute, die alternative Medizin praktizieren wollen. Wir müssen diese Leute anerkennen. Statt dass wir sie
geringschätzen, weil sie Zeit mit ihren Patienten verbringen wollen, müssen wir sagen: „Das ist in Ordnung.“ Es braucht eine Form der Anerkennung. Ich glaube nicht, dass wir das Gesundheitssystem
dieses Landes ändern werden, weil es nicht von den Ärzten gelenkt wird. Die Psyche, der metaphorische Gehalt hinter dem Gesundheitssystem ist dasselbe, welches hinter den Filmen und allem anderen
steckt. Es ist Fastfood. Die Menschen wollen Aktion und zwar sofort.
Vielleicht liege ich damit falsch, aber ich glaube, es hat keinen Zweck, eine Änderung zu verordnen. Wenn überhaupt, dann machen die Individuen die alternative Medizin aus. Statt dass Jeder neue
Leute heranzieht, sähe ich es lieber, wenn sie in ihrer Praxis wären und arbeiteten. Studenten sollen ruhig zu ihnen kommen, um zu arbeiten. Denn es ist Arbeit. Stehe im Mittelpunkt und
warte.
AT: Lassen sie uns auf das Thema Heilung zurückkommen.
Jealous: Heilung ist das Sichtbarwerden von Einzigartigkeit. Lassen sie uns diesen einen Satz betrachten. Der Atem des Lebens tritt in den Körper ein. Wir können verschiedene Rhythmen
wahrnehmen, die er hervorbringt, und wir können den Prozess spüren, der vor sich geht. Wir schalten uns nicht ein und wir analysieren nicht. Wir können wahrnehmen, wie der Atem des Lebens in den
Körper eintritt, zur Mittellinie geht und wie er von der Mittellinie aus verschiedene Rhythmusformen im bioelektrischen Feld, in den Flüssigkeiten und im Gewebe hervorbringt. In der Essenz ist
das, was wir beobachten, die Schöpfung, Genese. Sie hört nie auf. Von Moment zu Moment bauen wir neuen Form und Funktion auf. Und das spürt man ganz direkt.
Als ich die embryologischen Literatur studierte, fand ich die Forschungen eines Deutschen namens Blechschmidt. Er war ein Wissenschaftler, der die Embryos geliebt hat. Seine Fragen drehten sich
um die Biodynamik und Biokinetik der menschlichen Entwicklung. Wie arbeiten diese? Was geschieht? Er hat seine Antworten nie bekommen. Er schrieb, dass der Grund für den Ursprung des Embryos im
Bewusstsein des Embryos selbst begründet liegt. Dies ist kein wörtliches Zitat, aber er war der Meinung, dass es ein Geheimnis, ein Mysterium bleiben müsse. Man kann seine Entstehung spüren – und
zwar im Zentrum des Heilungsprozesses.
Blechschmidt war fasziniert von der Tatsache, dass es in den Flüssigkeiten des Körpers eine Kraft gibt, die nicht aus dem genetischen Feld kommt. Diese Flüssigkeitskraft enthält tatsächlich die
Idee der Form des menschlichen Körpers, ob das nun eine Niere, ein Wirbel oder ein Auge ist, und verhilft dieser zur Manifestation. Dann modifizieren die Gene diese Form. Wir haben genetische,
kulturelle und rassebedingte Modifikationen. Vor diesen Modifikationen haben wir die göttliche Form. Und diese koexistiert während unseres ganzen Lebens. Es gibt den Moment, in dem wir alle
vollkommen gehalten werden in der Matrix mit der viel verfeinerten Absicht – einen Moment der Heilung.
Blechschmidt hat sechs verschieden Arten beschrieben, wie Flüssigkeiten im Körper miteinander interagieren. William Sutherland, der Begründer und das Genie der Osteopathie im kranialen Feld, hat
diese Kräfte in den Flüssigkeiten gespürt. Und doch sind sich diese beiden Männer weder begegnet, noch haben sie ihre gegenseitigen Werke gelesen. Als ich las, dass dieser Embryologe dieselben
Flüssigkeitskräfte beschrieben hatte, wie einer der großen Lehrer der Osteopathie, war das genau das, was ich brauchte.
Seitdem habe ich viel Zeit damit verbracht, Bilder von Embryonen in den ersten 6 Lebenswochen zu betrachten – die Zeit, bevor das genetische Feld übernimmt. Viele Leute werden nicht mit mir
einverstanden sein oder das, was ich sage, missverstehen, aber diese Kräfte gibt es wirklich. Diese beiden Männer wussten das, weil es etwas war, was sie als natürliche Erscheinung direkt
wahrgenommen hatten.
Ist das hier bloß ein philosophischer Ausflug oder gibt es auch ein praktisches Wissen in der Wahrnehmung und im Verständnis, dass es eine Kraft gibt, die 24 Stunden am Tag in den Körper hinein
atmet? Sie ist immer im Dienst und arbeitet für den Patienten. Sie kann nicht krank werden, sie ist davor. Sie trägt schlicht die ursprüngliche Form in diesen Menschen hinein. Das war es auch,
was aus dem Mann mit dem Krebs aufstieg, als er wusste, dass er sterben würde. Er nannte es „seinen Geist“. Weshalb das in dieser Art kam und in diesem Moment, wissen wir nicht. Aber das
verbindet sich mit jedem Moment unseres Lebens, mit der Luftverschmutzung, die unsere Nase erreicht, die guten Gedanken, die wir haben, unserem Haar, unserem Alter und unserer Urinmenge. Sie
verbindet sich mit jedem Moment. Und wenn sie einmal nicht mehr da wäre, würdest Du nicht sterben – Du würdest Dich einfach auflösen. Du hättest keine Matrix für Dein Bewusstsein – nicht einmal
nach Deinem Tod.
Nehmen wir einmal an, dass Du Dir vor 3 Jahren den Kopf gestoßen hast und dass Du seitdem einen Schwindel hast. Du hast verschiedene Medikamente ausprobiert, aber nichts hat Dir geholfen. Du hast
den Schwindel immer noch. Wenn Du in meine Praxis kämest und ich meine Hände auf Deinen Körper legte, würde ich nicht nach dem Belastungsmuster in Deinem Körper suchen. Ich würde nicht Deine
Krankheit betrachten. Ich beobachten den Atem des Lebens – diese Kraft im Körper, die unveränderlich ist – und beobachten, wie sie Dir versucht zu helfen. Deine Krankheit war vorausschauend. Sie
wusste, dass Du gegen diese Wand laufen würdest, noch bevor Du es getan hast, und zwar nicht auf eine psychologische Art und Weise. Etwas hatte die Wahrnehmung und wusste es.
AT: Sprechen Sie von Vorahnungen?
Jealous: Nein, ich spreche nicht über Vorahnungen. Wenn Sie mit genügend Menschen sprechen, die einen Autounfall hatten, dann berichten diese, dass sie Millisekunden davor wissen, dass es
passieren wird. Ich spreche darüber, wie der Körper vorbereitet wird, den Schock zu erfahren, sei er emotional, biochemisch, genetisch oder physisch. Und so wird das Behandlungsprogramm beinahe
davor, sicherlich aber während des Prozesses der Verletzung von Körper, Geist oder Seele erstellt.
Die Blaupause, um den Patienten zu heilen ist vorhanden, weil das Ding, welches den Körper erschaffen hat, dasselbe Ding ist, welches die Blaupause erstellt. Sie bewirkt Kompensation, um das
Gleichgewicht zu halten – was wir Homöostase nennen – so lange als möglich. Ich weiß, dass ein Arzt dies für verrückt halten würde, wenn er es hört. Manche Ideen über die Gesundheit sind extrem
engstirnig und deshalb ist der Tod eine Beleidigung für einen Arzt. Aber es ist viel größer als das. Wir können die Bewegung dieser Kraft im Körper spüren und zwar unverändert im Erwachsenen wie
auch im Neugeborenen und sogar noch 2 bis 3 Tage über den Tod hinaus. Dann scheint sie zu verschwinden. Ich will das nun nicht weiter vertiefen, denn es kommt an die Grenzen und viele dieser
Dinge weiß ich einfach nicht. Aber ich denke, dass Elisabeth Kübler-Ross der Menschheit einen großen Dienst erwiesen hat. Sie hat uns für die Tatsache aufgerüttelt, dass es im Leben mehr gibt als
das Offensichtliche. Sie hat die Liebe ganz nach vorne gestellt. Und das war keine emotionale Liebe, sondern ein unbewusstes Bewusstsein eines Bandes, das zwischen allen menschlichen Wesen
existiert, noch bevor Du überhaupt eine Person triffst. Das ist eine Realität.
AT: Erzählen Sie mir von der Praxis der Osteopathie.
Jealous: Der Patient kommt also in die Praxis und berichtet, dass er sich vor 3 Jahren seinen Kopf gestoßen hat und seitdem immer wieder von Schwindel geplagt wird. Wenn wir unsere Hände auf
seinen Körper legen, öffnen wir als erstes unsere Sinne für den peripheren Raum im Zimmer, und lassen diesen sich aus eigener Kraft erweitern bis hin zum Horizont – nicht durch Absicht. Viele
Leute verwenden gerne ihre Intention, ihre Aufmerksamkeit und sie visualisieren gerne. Ich kenne genügend Anatomie um sagen zu können, dass wenn ich die Anatomie zu visualisieren versuchte, dabei
einen groben Fehler machte, weil es dabei so viele Schwankungen gibt. Nach meiner Ansicht treten die Elemente Intention, Aufmerksamkeit und Visualisierung nicht in diesen therapeutischen Prozess
ein. Sie haben anderswo ihren Platz, aber nicht hier.
Genau wie die Lungen ein- und ausatmen, atmet auch die Aufmerksamkeit ein und aus. Weißt Du, wie Du Deinen Bauch entspannst, damit Du nicht nur oberflächlich atmest? Was hätte es für Folgen, wenn
Du Deinem Verstand erlauben würdest zu atmen?
Anstatt mit dem Atem zu arbeiten oder der Luft, arbeiten wir mit dem Atem des Lebens. Wir lassen den Verstand atmen. Das ist ein hartes Stück Arbeit. Manche Menschen beginnen zu weinen, nachdem
sie es das erste Mal getan haben. Sie verstehen, dass sie handgemacht sind, mit Absicht dahinter, von einem Künstler, der seine Arbeit liebt. Sie fühlen sich vollkommen angenommen und umarmt vom
Leben und sie verstehen die Magie. Dann beginnt man, sich darum zu bemühen, dieses Gefühl zu wiederholen. Dann geht es schief, denn Du musst es loslassen.
Wenn wir den Atem des Lebens fühlen wollen, dann ist der erste Schritt dabei, dass wir nicht palpieren oder herumdrücken, um Dysfunktionen aufzufinden. Zuerst spürst Du die Gesundheit des
Patienten. Du spürst den Atem des Lebens, wie er in diesen lebendigen Organismus eintritt, in diesen Menschen, und Du spürst den Körper, den Geist und die Seele als eine vollkommene
Funktionseinheit. Man unterteilt dabei nicht. Wenn Du Körper, Geist und Seele – auch nur konzeptionell- unter Deinen Händen einteilst, dann tust Du nicht das, wovon ich spreche. Du tust etwas
anderes.
Ich meine dabei nicht, die Hände auf einen Menschen zu legen und zu sagen: „Oh, dieser Mensch ist nervös.“ Oder auch: „Er hat heute einen schlechten Tag.“ Das ist Intuition und etwas vollkommen
anderes. Du spürst, wie der Atem des Lebens in den Körper und in die Mittellinie eintritt. Die Mittellinie ist eine bioelektrische Linie, die ein Überbleibsel des Notochords ist, welches in der
embryonischen Platte geformt wird. Die Mittellinie ist eine primäre Orientierungslinie für alle räumlichen Dynamiken. Der Atem des Lebens tritt entlang dieser Linie ein. Von da aus bewirkt er
Veränderungen im Körper. Er bringt Bewegungen, Flüssigkeiten, Gewebe und vieles mehr hervor. Und das spüren wir.
Diese Gesundheit im Patienten hat seit dem Eindruck der Krankheit versucht, ihn zu heilen. Im Falle des Patienten mit dem Schwindel hat die Gesundheit also seit 3 Jahren daran gearbeitet. Sie hat
die Blaupause, um den Schwindel zu heilen. An dieser Stelle steht meist die Frage meiner Studenten: „Aber warum heilt der Patient dann nicht ohne unsere Hilfe?“
AT: Das wollte ich auch gerade fragen.
Jealous: Wenn Du an den Vortex kommst, der an der Verbindung zwischen den Heilkräften und der Verformung liegt, kann es sein, dass in dieser Verformung rund 50 kg Druck pro cm2 gehalten
werden. Die Wucht der Verletzung hat im Körper Vektoren errichtet. Einmal angenommen, sie treffen einen Freund, der von einem Auto überfahren wurde (nicht dass ich das irgendjemandem wünsche).
Was denken Sie, wie viele Kilos pro cm2 dieser Schock in dieses System gebracht hat? Sehr viele. Etwa so viele, wie Sie brauchen würden, um ein Auto hochzuheben, wenn Sie das müssten. Nehmen wir
einmal an, dass diese Heilkräfte etwa 50 kg pro cm2 in Ihrem Körper ausgleichen könnten. Wenn Sie jedoch die Wucht von etwa 100 kg pro cm2 in den Körper bringen, dann würde dies jede Arterie,
Vene und Lymphbahn zerreißen. Wenn die Heilkraft die nötige Kraft aufbringen würde, um das direkt zu heilen, dann würde ihre eigene Architektur kollabieren.
Und das würde nicht weiterhelfen. Das heißt, sie muss durch Umwandlung heilen und das bedeutet, dass die physische Kraft in eine andere Kraft umgewandelt wird, mit der sie umgehen kann. An einem
gewissen Punkt wird es weich – so rasch wie ein Fingerschnippen – und wechselt in eine andere Energieform über. Die Information für diese Veränderung kommt vom Atem des Lebens. Das Missverhältnis
der Dysfunktion, der Verletzung oder der Krankheit ist zu jeder Seite hin begrenzt. Der Krankheitsverlauf ist eine intelligente Entscheidung, die der Atem des Lebens trifft, um den Organismus vor
der Zerstörung seiner Ganzheit zu schützen. Die Krankheit ist nicht der Feind. Sie ist eine intelligente und weise Entscheidung, ins Gleichgewicht zu kommen. Denke an den Tod. Was gewinnst Du
dadurch zurück?
AT: Deine ursprüngliche Form.
Jealous: Richtig. Deine ursprüngliche Form. Es ist unglaublich, wenn Du das siehst. Weißt Du, wie oft ein Patient nach ein paar Behandlungen sagt: „Ich fühle mich mehr wie ich selbst.“ Sie
berichten Dinge wie:“ Ich sehe, wie sich nach dem Regen Licht über die Oberfläche von Blättern bewegt.“ Ich sage dann: „Das war schon immer da. Das ist kein mystisches Wahrnehmungsfeld, es ist
normal.“ Wir sind von der Natur mit vielen Talenten ausgestattet.
Was geschähe, wenn Du wieder Deine ursprüngliche Form annähmest? Wäre es nicht interessant zu wissen, wer Du dann bist? Wäre es nicht interessant, die Absicht des Atems des Lebens zu kennen, als
er Dich erschaffen hat?
AT: Sprechen Sie mit Ihren Patienten über solche Dinge?
Jealous: Das Gespräch, welches wir hier führen, führe ich meistens auch mit meinen Patienten – wenn auch weniger detailliert. Ich versuche nicht, sie davon zu überzeugen. Ich kann auch nicht
sagen, dass ich sie im üblichen Sinne liebe, aber ich sehe etwas in ihnen, das herauskommen will und ich denke: „Wieso nicht gerade jetzt?“
Warum geht es dann nicht allen besser? Es gibt einfach keine Zeit – das ist die einzige Antwort. Der Patient sollte sich nicht schuldig fühlen, wenn er nicht gesund wird. Die Standardmediziner
machen den Fehler, ihren Patienten nicht genügend Zeit zu geben, damit sie verstehen lernen, dass Körper, Geist und Seele eine einzige Einheit sind. Und die Alternativmediziner machen einen
genauso schlimmen Fehler, indem sie den Patienten dafür verantwortlich machen, nicht bewusst genug zu sein, um gesund zu werden. Es ist Niemandes Fehler. Es geht mehr um Tempo und
Heilungs-Zeit.
Die Menschen sind nicht doof. Die meisten Menschen sind sogar sehr klug. Manche Ärzte jedoch denken, dass sie klüger als alle Anderen sind, aber das stimmt nicht. Wir sind alle sehr
menschlich.
AT: Wie bringen Sie Ihren Studenten bei, diese Kräfte zu spüren?
Jealous: Zuerst sage ich ihnen, dass sie üben können wie sie wollen – es muss nur sicher, wirkungsvoll und intelligent sein. Sie mögen eine andere Übungsweise wählen als ich es tue. Sie
sehen mir also dabei zu, wie ich Patienten behandle und ich bringe ihnen die Dinge bei, die anhand ihrer Fragen auftauchen. An einem gewissen Punkt möchten sie das imitieren, was ich tue. Sie
imitieren es also ein paar Mal und es funktioniert. Dann denken sie: „Jetzt hab ich´s!“ Dann funktionierte es auf einmal nicht mehr. Ab da werden sie selbstkritisch und ihr Selbstvertrauen sinkt.
Ich versuche, sie davon zu überzeugen, dass sie bereits alle Fähigkeiten in sich haben. Ich versuche sie dazu zu bringen, etwas Außerordentliches in sich zu enthüllen. Es ist nur eine Frage der
Zeit. Wenn sie ihrem Verstand erlauben, zu entspannen und einfach nur dasitzen und dem Patienten auf die Weise zuhören, wie ich es tue, dann werden sie Antworten erhalten. Meistens dauert es etwa
2 Jahre, bis sie das akzeptiert haben und es auch anwenden. Dann warten sie ab und fangen an, die Gesundheit zu finden.
Gestern habe ich den Brief einer Studentin erhalten. Sie hat 5 Jahre bei mir studiert. Sie hat mit Unterbrechungen 400 Stunden bei mir verbracht, bevor sie sich mit einer allgemeinen
Familienpraxis niederließ. Kürzlich wurde sie zu einer 92-jährigen Frau gerufen, die sich guter Gesundheit erfreut hatte, bis sie ein Gewächs an ihrem Hals entwickelte – ein adenosquamöses
Karzinom. Meine Studentin schrieb, dass sich der physische Zustand der Patientin schnell verschlechterte und sie offensichtlich Ängste hatte, was mit ihr und ihrer Familie passieren würde.
Diese Studentin arbeitet also in einem Krankenhaus mit unheilbar Kranken. Ich denke, dass es ziemlich gut war, dass sie gemerkt hat, dass ihre Patientin und deren Familie Angst hatten. Um diese
lange Geschichte kurz zu machen – sie schrieb mir: „Ich hatte einen dieser seltenen Momente mit der Patientin alleine. Und während ich auf ihr Herz hörte, merkte ich, was ich wirklich versuchte
zu tun. Auf der einen Ebene spürte ich die Angst in dieser Frau – wie ein Brummen – aber darunter spürte ich eine süße, formlose Sicherheit und Gesundheit.“
Das bedeutete, dass die Trennung zwischen der Angst und der Süße sich auflöste. Das autonome Nervensystem, der Parasympathikus und der Sympathikus kamen mehr ins Gleichgewicht – wahrscheinlich
aufgrund der Wirkung der Behandlung am limbischen System. Sie spürte eine Verschiebung, die sie nicht beschreiben konnte. Danach schrieb sie: „Die Patientin schien sich zu entspannen. Sie hatte
eine ruhige, friedliche Nacht – was sehr unüblich war. Als ich am Morgen nach ihr sah, schien sie sich sehr wohl zu fühlen. Ein paar Stunden danach starb sie.“
Das ist eine außergewöhnliche Geschichte. Wir wissen es nicht, aber es kann sehr gut sein, dass die Behandlung ihr geholfen hatte, leicht hinüberzugleiten. Hat sie den Sterbeprozess beschleunigt?
Nein. Sie hatte der Patientin geholfen, ins Gleichgewicht zu kommen und von da an nahm das System die Richtung auf, in die es natürlicherweise gehen wollte. Wir haben diese Entscheidung nicht
getroffen. Das ist es, was die Osteopathie zu einer natürlichen Wissenschaft macht.
AT: Es scheint der Moment magisch zu sein, wenn jemand die Süße wahrnimmt, die unbeschreibliche, ursprüngliche Kraft. Das scheint der Schlüsselmoment zu sein.
Jealous: Das ist ein Schlüsselmoment. Die Erkennung der Gesundheit ist ein Moment, der allgegenwärtig ist. Du kommst zur Erkenntnis, was diese Blaupause ist und was sie versucht zu tun. Und
dann hilfst Du ihr, in diese Richtung zu gehen. Das kann eine sehr subtile Kraft sein. Du musst genau an der Schnittstelle sein. Dafür musst Du das immer und immer wieder beobachtet haben, damit
Du dann mit der Aktion der Blaupause präsent sein kannst.
AT: Ist das wie ein kleiner Schub?
Jealous: Wenn Du die Blaupause liest, dann liest Du den Ton, die Beschaffenheit, die Absicht, die Intensität und das Tempo als ein und dasselbe. Du hast diese 5 Elemente und noch einige
mehr. Wenn sie alle im Gleichgewicht sind, dann betonst Du genau das Vorhandene.
Es gibt noch andere wirkungsvolle Behandlungsarten, aber wir sprechen hier spezifisch über den Atem des Lebens und seiner Wirkung auf den Körper.
AT: Möchten Sie zum Abschluss noch etwas hinzufügen?
Jealous: Ich möchte die wichtigen Dinge zusammenfassen. Erstens: Das Ganze ist real. Ganzheitliche Medizin heißt nicht, dass Du Homöopathie, Akupunktur und Osteopathie praktizierst und
trotzdem gleichzeitig Antibiotika verabreichst. Ganzheitliche Medizin bedeutet, dass der Patient untrennbar ist. Eine Person kann nicht in verschiedene Teile unterteilt werden. Ganzheitliche
Medizin bedeutet, dass Du die Fähigkeit hast, das Ganze wahrzunehmen und es nicht zu unterteilen. Und damit trägst Du eine große Verantwortung.
Wir sprachen über die Gesetze von Schöpfung und Heilung. Heilung als die Sichtbarwerdung der Ursprünglichkeit – und dass dies in jedem Moment geschehen kann.
Etwas anderes ist die Wahrnehmungsschulung. Du musst Dir das Geschenk, das Du bekommen hast, aneignen. Sir Laurens von der Post schrieb ein paar wunderbare Bücher über die Wahrnehmung. Er ist ein
außergewöhnlicher Lehrer. Wenn Du die instinktive Wahrnehmung erlernen möchtest, dann sind seine Arbeiten mit afrikanischen Eingeborenen eine wunderbare Quelle dafür.
David Abram schreibt in „Der Bannkreis des Sinnlichen“ über seine Gespräche mit Medizinmännern, welche sechs Richtungen von Wahrnehmung kennen. Das Buch ist gut als Unterstützung bei der
Erkundung der Realität. Vor drei Jahren hielt ich einen Vortrag über die Wichtigkeit des Horizonts in unserer Wahrnehmung. Darin sprach ich nur über meine eigenen Erfahrungen. Als ich dann
Abram´s Buch las, war das eine gute Bestätigung für mich.
Für mich besteht die Essenz darin, Deiner Aufmerksamkeit zu erlauben, über die Ränder des Horizonts hinaus zu atmen, sie zu befreien und dann zu warten, bis sie von selbst zurückkehrt. Diese
Wahrnehmungsbrücke lehren wir.
Wir sprachen darüber, dass das Behandlungsprogramm für den Patienten von den Kräften priorisiert wird, welche den Körper erschaffen haben. Wenn der Patient eintritt, ist das Behandlungsprogramm
bereits aufgestellt. Wir schaffen den Behandlungsprozess nicht, wir enthüllen ihn lediglich. Das ist eine große Aussage, die erforscht werden muss.
Wir sprachen über die Umwandlung und darüber, dass der Tod keine Krankheit ist.
Es ist wichtig, dass Du den Patienten nicht nur an Deine Praxis bindest. Wenn Du nicht das Gefühl hast, dass Du dem Patienten hilfst, dann suche Dir Hilfe. Wenn der Patient nicht woanders
hingehen möchte, finde heraus, wovor er Angst hat. Erweitere die Einflüsse auf das Leben dieses Patienten und halte nicht an ihm fest.
Es ist sehr interessant, dass die Gemeinschaft der Alternativmediziner den allopathischen Ansatz der Medizin übernommen hat. Der Patient kommt mit Symptomen in die Praxis und er bekommt
Heilmittel für diese Symptome. Das ist nichts anderes als Medikamente verschreiben. Sie sind gefangen in einem intellektuellen Format und es ist ihnen nicht einmal bewusst. Naturmedizin ist
Naturmedizin. Was bedeutet dieses Wort eigentlich? Die Natur ist alles, was lebt, atmet und ist. Was ist mit dem Sternenlicht? Ich glaube, dass viele Leute wieder gesund würden, wenn sie sich
aufmachen würden zu Nachtspaziergängen und die Sterne beobachteten. Alle Therapien sind einzigartig auf die momentanen Umstände abgestimmt und nicht auf die Krankheit.
Was ist Gutes daran, wenn wir den Patienten alle möglichen Dinge verabreichen, bevor wir den ganzen Prozess verstehen? Ein wahrer Heiler wird nicht zweimal dieselbe Medizin für dieselbe Krankheit
verabreichen. Wenn wir also alternative Medizin praktizieren wollen, müssen wir uns von den Listen trennen. Wir können die Listen als Unterstützung sehen, um Zeit zu gewinnen. Sie sind jedoch
nicht das Ende des Ganzen. Außerdem haben wir auch alle ein anderes Tempo.
In der traditionellen Osteopathie geht es nicht um episodische Gesundheitspflege. Sie ist eine Langzeitbeziehung mit den Menschen. Wir brauchen Jahre, um einen anderen Menschen kennenzulernen.
Manche meiner Patienten sehe ich schon seit 30 Jahren. Ich habe keine Angst vor ihren Krankheiten und ich glaube, das ist wichtig.
Der andere wichtige Punkt ist, dass die Beziehung zwischen Lehrer und Student eine Langzeitbeziehung ist. Wir müssen die Verantwortung als Student übernehmen.
Einer meiner größten Lehrer war ein alter Mann, den ich eines Tages unten am Fluss getroffen hatte. Ich war ganz abgelegen auf dem Land am Fischen, als ein unglaublicher Sturm aufzog. Er stieg in
sein Auto und fuhr zurück in die Stadt in sein Haus. Der Sturm kam und sein Wohnwagen wurde völlig durchgeschüttelt. Auf der Straße wurden die elektrischen Leitungen heruntergerissen und es
sprühten überall die Funken. Von überall her kamen Rettungswagen und Autos.
Ich saß mit diesem alten Mann an seinem Tisch. Er war ganz ruhig und bewegte sich kein bisschen. Wir haben einfach nur da gesessen. In diesem Wohnwagen herrschte eine greifbare Stille. Es war
unglaublich. Wir saßen einfach in diesem Wohnwagen – inmitten des ganzen Chaos um uns herum. Nach 20 Minuten beruhigte sich alles wieder. Er schaute mich an und sagte zu mir: „Ich habe noch nie
verstanden, warum die Leute herumrennen und das Leben zu einem Notfall machen.“ Er saß weiterhin einfach nur da. Weitere 20 Minuten vergingen, dann stand er auf und begann Essen zu kochen. Er
verstand, dass der Moment die Quelle und das Zentrum seines Tempels ist; er war eine lebendige Erinnerung.
Danach wurden wir gute Freunde. Dies war ein wichtiger Moment in meinem Leben, weil ich realisierte, dass nicht nur Osteopathen diese Art Arbeit tun und die Einzigen sind, die verstehen können,
was im Moment geschieht oder die wach sind für den Atem des Lebens und diese Stille. Wir sind uns alle eines Größeren bewusst und müssen uns an unsere Ursprünglichkeit erinnern.
Die Organisation, welche die Gesundheit aufrecht erhält und nach der wir alle suchen, ist dieselbe, welche ein Embryo erschafft. Sie bringt das Leben hervor und hält es aufrecht.
Ich bin der Meinung, dass nichts Falsches daran ist, wenn sich Deine generelle Praxis um den ganzen Menschen dreht. Nicht jeder wird sich dafür interessieren und denken, dass Du eine wundervolle
Arbeit leistest. Aber darum geht auch nicht. Es geht darum, ob es in Deiner Arbeit ein grundsätzliches Muster gibt, welches den Menschen und ihrem Wohlbefinden nützt.
Und zu guter Letzt – in großen Lettern: Das ist harte Arbeit.
Sei bereit, wirklich zu leben! Ich danke Dir.